WER ZU LANGE IN DIE SONNE SIEHT, WIRD BLIND
Eine Ausstellungssituation
von Franz Reimer
19 - 28 JUNE 2020
ICH SEHE WAS, WAS DU NICHT SIEHST oder VON DER UNMÖGLICHKEIT, EINEN BLICK ZU TEILEN.
„Das Nichts hat ja einen Sog… das Vakuum, da ist das Potential drin… aus Nichts entstand die ganze Welt…“
Alexander Kluge beschreibt das Nichts als reine Möglichkeitsform – als eine Sphäre, in der Unschärfe und Möglichkeit und Unwahrscheinlichkeit ein solches Extrem erreichen, dass keine Naturgesetze und Elementarteilchen darin entstehen können.
Das Nichts ist die Verneinung des Seins. Im Übergang vom Sein zum Nichts und vom Nichts zum Sein, in der Veränderung des Gegebenen, entsteht Bewegung. Erst in der Verschränkung von Sein und Nichts, im konkreten Übergang von einem Zustand zum anderen, entsteht Etwas.
Wenn wir zugleich auf dasselbe Bild schauen, sehen wir immer etwas anderes. Was auch immer wir gemeinsam erblicken, wir sehen es anders, wir verstehen es anders, ordnen es anders ein und verknüpfen es vor allem mit jenen Bildern, die wir bereits in uns tragen – mit den medialen Bildern wie auch den Bildern unserer eigenen Erfahrungen, Psychosen und Träume.
Was sind das für Bilder, die wir in uns tragen und mit denen wir jedes neue Bild immer neu abgleichen? Die scheinbar aus dem Nichts heraus in uns aufleuchten und sich immer wieder über jede augenblickliche Erscheinung auf unserer Netzhaut legen? Die uns so sehr unterscheiden in unserem Blick auf die Welt?
Welche Bilder imaginieren wir, wenn wir uns dem Nichts eines leeren Bild-Raums, einer leeren Leinwand oder einem leeren Rahmen aussetzen? Was sehen wir, wenn wir uns in einem Raum ganz ohne Bilder auf das einlassen, was vor unseren Augen erscheint?
Was sehen wir, wenn wir Nichts sehen?
Fotos von Juliane Henrich